Album
»Schos Eigenständigkeit scheint unverkennbar: so spröde und zugleich schräg dichtet heute niemand sonst. Wäre ihre Lyrik Musik, müsste man sich wohl eine Mischung aus Ornette Coleman und Zarah Leander vorstellen. Die Fotos, auf denen die Gedichte basieren, stammen übrigens aus den wirtschaftswunderlichen 50er und 60er Jahren der alten Bundesrepublik. Rosemarie Nitribitt hat in den Versen ebenso ihren Auftritt wie der Erfinder des Toast Hawaii, Clemens Wilmenrod. Man betrachtet stolz Horst mit seinem neuen Opel oder staunt über das Kurzstartflugzeug STOL. Erstaunlich, wie sehr sich die Nachgeborene Scho heraushält, wie kaum je ein Ich diese Gedichte bewohnt. Dabei wirken sie keineswegs seelenlos, ganz im Gegenteil: Das Material - Montagen aus vermeintlichen Bildunterschriften, inszenierter O-Ton, lakonischer Kommentar oder Werbezitat - scheint mitunter geradezu zu vibrieren - oder doch zu ruckeln und zu rattern. Einen Schlüsseltext bildet das Richtfest für den Sortiermaschinen-Anbau. Wie eine Sortiermaschine, die aus dem Takt geraten ist und plötzlich ganz ungewohnte, überraschend schöne und witzige Kombinationen hervorbringt, funktionieren auch diese Gedichte. Da wird aus der autobegeisterten Betrachtung eines Kühlergrills unversehens ein Kühlpsalter, auf dem dann eine Winterrallye nach Niflheim stattfindet. Ein Lexikon sollte man bei diesen abenteuerlich umherbrausenden Gedichten freilich immer bei der Hand haben. Sonst entgeht einem schnell der weg-/ geblitzte Rest, das Badesalz des/ Bilds.« Tobias Lehmkuhl, Süddeutsche Zeitung
»Das vorliegende Album ist Trophäe, Ergebnis erstaunlicher Kopf- wie Körperjagd; gleichermaßen melancholische Jagd nach dem Sprach- und Geschichtskörper, den Scho dort aufzusuchen pflegt, wo seine Zerstückelung, die Besudelung, offenbar wird: Dianas Jagd nach den verdunkelten Spuren weiblicher Sexualität. Ich kenne keine(n) der augenblicklich interessanten Dichter und Dichterinnen, denen die (ressentimentlos-didaktikfreie: eben dichterische) Benennung des Geschlechterkampfes (hier trifft das Wort) in seinem verdrucksten Elend treffender gelingt ... Wandlung im offenbar Unwandelbaren, das ist Album. Das Titelwort leitet sich von albus, weiß, her: weißes (Foto-)Papier wird hier mit Schrift besetzt. Die geweißten Flecken der Geschichte, deren angeschmuddelte, unbegriffene Papiere bedeckt Sabine Scho mit den rasanten, luft- wie sprachaufklärenden Gliedern ihrer Zeichenketten. Bei aller, durchgehender, Härte finden sich schöne, atemberaubend schöne Fügungen in ihren Gedichten; die sich die Dichterin, wie es scheint, nach genauer Prüfung erst einzusetzen gestattet.« – Thomas Kling
»... ein vielstimmiges, vielperspektivisches, hochkomplexes lyrisches Sprechen, das zeigt, was Lyrik zuallererst ist: ein schönes Spracherweiterungsprogramm. Auf diese Weise löst die Autorin die große alte Aufgabe der Dichtung, ein äußerst zufälliges in ein ganz einzigartiges Leben zu verwandeln.« – Aus der Jury-Begründung zum Leonce-und-Lena-Preis
»Sabine Schos Poesiealbum tötet die Nostalgie im Kälteschock. ... Alltagssprache und Zitate, fremdsprachliche Wendungen und Fachjargon gelangen hier in eine poetische Sortiermaschine, die die Spreu vom Weizen trennt. Wer zeitgenössische Lyrik noch immer überwiegend für Selbstbespiegelung oder leer kreisende Sprachmusik hält, wird sich auch bei Sabine Scho eines Besseren belehren lassen können.« – Richard Kämmerlings, FAZ
Leonce-und-Lena-Preis 2001
Ernst-Meister-Förderpreis 2001